Der Ineos Grenadier. Hübsch, oder?

Ineos – Flop oder Top?

Während die Allrad-Szene den New Defender einerseits abfeiert, andererseits voll in die Mangel nimmt, stösst der Ineos Grenadier wie der Phoenix aus der Asche an das Tageslicht. Ober er ein Erfolg wird oder eher nicht, das wird die Zeit zeigen. Ein Kommentar von Olaf.

Gleich mehrfach habe ich in der Redaktion des Clubmagazin von Clubmitgliedern Hinweise zum Ineos erhalten. Neben Hansueli und Indulis kam auch bei der Emmentalfahrt das Gespräch immer wieder auf die beiden Modelle: New Defender versus Ineos. Also, widmen wir dem Defender-Klon ein paar Zeilen.

Links der Ineos Grenadier und rechts sein Vorbild, der Land Rover Defender.

Schon so ziemlich rassig

Neidlos muss ich anerkennen, dass der Ineos gestalterisch und mit etlichen Spezifikationen verdammt nah am Look des Defenders ist. Das gefällt natürlich uns Gralshütern des «Originals». Ist doch der New Defender schon fast zu weichgespült, aber dazu später mehr. Die Ähnlichkeit war volle Absicht, wie es der Erfinder James Ratcliffe von Ineos Automotive – nota bene ein Ableger eines Chemieunternehmens – sehr deutlich formulierte. Er will das beste 4×4 Fahrzeug auf den Markt bringen und orientiert sich natürlich dabei am Klassenprimus, dem Defender. Auch hier wieder ein nota bene: Er orientiert sich am klassischen Defender, nicht an dem zukunftsgerichteten New Defender.

Dass mit dem sehr ähnlichen Design nicht alle einverstanden sind, allem voran Jaguar Land Rover, war abzusehen. So finden aktuell auch Verfahren statt, um die Form und den Stil des Defenders unter das Markenschutzrecht zu bekommen. In UK, dem Heimatland unserer Lieblinge, wurde die Klage von JLR zum Teil abgewiesen, in Deutschland kann die Tata-Tochter noch hoffen. Hier zählt das Gesamtbild mehr, als die kleinen Unterschiede. Mehr Details dazu findet Ihr hier.

Auf dem Concours von INEOS Automotive werden einige historische Geländewagen ausgestellt, darunter vor allem der erste serienmäßige Land-Rover (Kennzeichen JUE 477), dessen vollständige und einfühlsame Restaurierung vor kurzem abgeschlossen wurde. Außerdem werden ein vollständig restaurierter Toyota FJ40 (1980), ein Willys Jeep (1944), der von der US Navy im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde, und ein klassischer Mercedes-Benz G-Wagen (1988) gezeigt.
Auf dem Concours von INEOS Automotive werden einige historische Geländewagen ausgestellt, darunter vor allem der erste serienmässige Land-Rover (Kennzeichen JUE 477), dessen vollständige und einfühlsame Restaurierung vor kurzem abgeschlossen wurde. Ausserdem werden ein vollständig restaurierter Toyota FJ40 (1980), ein Willys Jeep (1944), der von der US Navy im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde, und ein klassischer Mercedes-Benz G-Wagen (1988) gezeigt. Bild: Ineos

Erfolgsmodell? Ich bezweifel es.

Vom Design und einigen technischen Eigenschaften her gestehe ich, gefällt mir der Ineos natürlich sehr gut. Ist der doch meine TD4 wie aus dem Gesicht geschnitten und behauptet er sich im Umfeld anderer Allrad-Legenden sehr gut (siehe hier). Aber, auch das muss ich zugeben, genau das langweilt mich. Sehr sogar. Ich bin müde, immer wieder nur das traditionelle, althergebrachte zu sehen. Wo bleibt das Neue, das, was wirklich Spass macht? Das ist der Grenadier für mich nicht. Er ist für mich ein Klon, um die Menschen als Kunden zu gewinnen, die dem alten Defender hinterher weinen. 

Versteht mich nicht falsch. Ich liebe den «klassischen» Look des Defenders. Ich mag die ruppigen Eigenschaften (Wasser im Auto, Undichte Stellen etc), das eher rustikale Fahrvergnügen (90°Sitzposition, wenig Platz für die Pedale im Linkslenker etc), die Lautstärke von Motor und Reifen im Innenraum, herrlich. Aber mal im Ernst: Brauchen wir wirklich einen modernisierten Landy ohne diese Macken? Brauchen wir wirklich das alte Design mit nur marginalen Veränderungen? Ich meine nein. Ich glaube in der Tat, das ein radikaler Bruch, eine komplette Neuausrichtung dem Defender gut tat. Denn für was steht der Defender? Für 100%. Er gibt immer alles, ohne Kompromisse. Und der Grenadier ist für mich nur ein Kompromiss: Neue Technik, altes Ambiente. Oder Deutsch und deutlich: Alter Wein in neuen Schläuchen.

Wirtschaftlichkeit

Was aber endgültig über den Ineos Grenadier entscheidet, dass ist der wirtschaftliche Erfolg. Er wird seine Kundschaft finden, da bin ich mir sicher. Aber reicht das aus? Den Erfolg des Land Rover Series und des Defenders machte die Vielseitigkeit aus, der Verkaufserfolg bei den Armeen dieser Welt, bei Institutionen und Grosskunden. Augenscheinlich haben sich viele Streitkräfte für andere 4×4 als Nachfolger für den Defender entschieden und nicht für den Grenadier. Ohne Volumengeschäft wird das, so fürchte ich, das wirtschaftliche Aus für die ambitionierten Pläne von James Ratcliffe sein. 

New Defender vs. Grenadier

Welches Fahrzeug mich mehr interessiert dürfte dem Leser klar sein: Der New Defender. Welches Fahrzeug ich als eine recht beachtliche Weiterentwicklung des «klassischen» Defender erachte, sollte auch klar sein: Der Form nach der Ineos Grenadier, der Radikalität nach, der New Defender. Der Ineos Grenadier wird ohne Zweifel ein echter Offroader werden. In ihn wird man Schafe und viele Laufmeter Holz transportieren können, wenn man das in einem komfortablen BMW-Grenadier will. 

Und das finde ich echt klasse. Da hat ein Unternehmer Mut und bringt einen aus seiner Sicht würdigen Nachfolger des Defenders auf den Markt. Probiert sogar die Fertigung bei JLR zu realisieren, scheitert, macht weiter, scheitert am Markenrecht, macht weiter… Eine tolle, grandiose Geschichte mit viel Stil, Mut und Aufrichtigkeit. Ich drücke Sir James Ratcliffe alle Daumen, dass er erfolgreich sein wird. 

Welches Auto würde ich kaufen, wenn ich es mir leisten kann? Beide und meinen TD4 behalten, einen Serie III daneben stellen und den Fuhrpark durch den New Defender und den Ineos erweitern. Ich habe drei Kinder, die wollen ja mobil sein…

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